Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) setzt die Whistleblower-Richtlinie (2019/1937/EU) in Österreich um. Es verpflichtet Unternehmen zum Betreiben eines internen Hinweissystems und schützt Whistleblower vor Vergeltungsmaßnahmen.
Nicht alle Hinweise führen zum besonderen Schutz durch das HSchG. Geschützt sind nur Hinweise auf Rechtsverletzungen in folgenden Bereichen:
- Öffentliches Auftragswesen
- Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
- Produktsicherheit- und Konformität
- Verkehrssicherheit
- Umweltschutz
- Strahlenschutz und nukleare Sicherheit
- Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz
- Öffentliche Gesundheit
- Verbraucherschutz
- Datenschutz, Sicherheit von Netz- und Informationssystemen
- Korruption (§§ 302 bis 309 Strafgesetzbuch)
- Verletzung von Binnenmarktvorschriften
- Wettbewerbsverstöße
- Staatliche Beihilfen
Hinweise müssen außerdem zwingend gegenüber einer internen oder externen Stelle abgegeben werden, ansonsten entfällt die Schutzwürdigkeit.
Hinweise, die gegenüber Medien abgegeben werden, genießen nur unter engen Voraussetzungen Schutz, insbesondere wenn bei Hinweisgebung an die interne oder externe Stellen Vergeltungsmaßnahmen zu befürchten sind.
Whistleblower können alle Personen sein, die aufgrund einer beruflichen Verbindung (egal ob laufend oder nicht) Hinweise über Rechtsverletzungen erlangt haben, insbesondere:
- (überlassene) Arbeiternehmer oder Bedienstete
- Bewerber um eine Stelle, Praktikanten, Volontäre oder Auszubildende
- Selbständige (auch arbeitnehmerähnliche und quasi-selbständige Personen)
- Mitglieder von Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorganen
- Personen, die unter Aufsicht und Leitung eines Auftragnehmers, Subunternehmers oder Lieferanten des Rechtsträgers arbeiten
- Anteilseigner
Das HSchG erklärt Maßnahmen, die „in Vergeltung eines berechtigten Hinweises“ erfolgen, für rechtsunwirksam. Dazu zählen:
- Suspendierung, Kündigung
- Nichtverlängerung oder vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags
- Vorzeitige Kündigung oder Aufhebung eines Vertrags über Waren und Dienstleistungen
- Herabstufung oder Versagen der Beförderung
- Versetzung, Minderung des Entgelts, Änderung der Arbeitszeit
- Versagung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen
- Ausstellung eines schlechten Dienstzeugnisses
- Disziplinarmaßnahmen
- Entzug einer Lizenz oder Genehmigung
Dabei handelt e sich um grundsätzlich reversible Maßnahmen, die zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands sowie zum Ersatz von Vermögensschäden oder erlittener persönlicher Beeinträchtigung verpflichtet.
Bei den sogenannten irreversiblen Vergeltungsmaßnahmen ist die für bestimmte Vergeltungsmaßnahmen verantwortliche Person darüber hinaus zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands, zum Ersatz von Vermögensschäden und zur Entschädigung für die erlittene persönliche Kränkung verpflichtet und zwar bei
- Nötigung, Mobbing, Ausgrenzung
- Diskriminierung
- Unerwartete Nichtumwandlung eines befristeten in unbefristeten Arbeitsvertrag
- Schädigung inkl Rufschädigung
- Aufnahme des Whistleblowers in einer informellen „Schwarzen Liste“, damit ihm die Aufnahme einer Beschäftigung in der Branche erschwert wird
- Psychiatrische oder sonstige Zuweisung zu ärztlicher Behandlung
In gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Verfahren genügt es bereits, wenn der Whistleblower glaubhaft macht, dass eine dieser Maßnahme in Vergeltung eines Hinweises erfolgte.
Das HSchG ist seit 25. Februar 2023 in Kraft. Für die Einrichtung von Meldestellen galt für Unternehmen mit 250 oder mehr Beschäftigten eine Übergangsfrist von sechs Monaten bis 25. August 2023.
Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten haben dafür sogar noch bis 17. Dezember 2023 Zeit.
Das HSchG gilt für alle Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Sektors mit mindestens 50 ArbeitnehmerInnen oder Beschäftigten. Für bestimmte Unternehmen (etwa Finanzdienstleister) gilt das HSchG unabhängig von der Beschäftigtenzahl.
Für den Fall wechselnder, insbesondere saisonal schwankender Beschäftigung wird die Mindestanzahl von 50 Beschäftigten aufgrund der durchschnittlichen Anzahl der Beschäftigten während des vorangegangenen Kalenderjahres ermittelt.
Jedes Unternehmen braucht bis spätestens 17. Dezember 2023 eine sogenannte „interne Meldestelle“. An diese Einrichtung können sich Whistleblower melden, um ihren Hinweis abzugeben. Die interne Stelle muss aber nicht vom Unternehmen selbst betrieben werden. Es kann auch eine dritte Stelle damit beauftragt werden (zB eine Rechtsanwaltskanzlei).
Wichtig ist, dass die interne Stelle genügend finanzielle und personelle Mittel hat, um ihrer Aufgabe nachzukommen. Sie muss auch so geplant, eingerichtet und betrieben werden, dass die Vertraulichkeit der Identität der Whistleblower gewahrt bleibt. Außerdem muss sie weisungsfrei arbeiten können.
Die interne Stelle muss technisch und organisatorisch gemäß Art 25 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geeignet sein. Alle eingehenden Hinweise müssen dokumentiert werden. Hinweise müssen mündlich oder schriftlich oder in beiden Formen abgegeben werden können. Mündliche Meldungen müssen telefonisch oder mit einem anderen Mittel der mündlichen Kommunikation gegeben werden können.
Geht ein Hinweis ein, muss binnen sieben Kalendertagen eine Empfangsbestätigung an den Whistleblower ausgestellt werden. Die interne Stelle muss jeden Hinweis auf seine Stichhaltigkeit prüfen. Auf Ersuchen des Whistleblowers muss binnen 14 Tagen eine physische Besprechung stattfinden. Nach drei Monaten ist bekanntzugeben, welche Folgemaßnahmen ergriffen wurden bzw warum sie nicht ergriffen wurden.
Es gibt auch „externe Stellen“. Allgemein ist das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung als externe Stelle zuständig. Für bestimmte Bereiche bestehen Sonderzuständigkeiten, etwa die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), die Geldwäschemeldestelle oder die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB).
Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber sollen prüfen, ob sie einen Hinweis zunächst einer internen Stelle geben können. Einer externen Stelle sollen Hinweise vor allem dann gegeben werden, wenn die Behandlung des Hinweises im internen Hinweisgebersystems nicht möglich, nicht zweckentsprechend oder nicht zumutbar ist oder sich als erfolglos oder aussichtslos erwiesen hat.
Verwaltungsstrafen von bis zu EUR 40.000 drohen ua für
- das unter Druck setzen von Whistleblowern
- Vergeltungsmaßnahmen
- das Verletzen des Vertraulichkeitsschutzes
- das wissentliche Erteilen eines falschen oder irreführenden Hinweises